DZK-Projekt "Rekonstruktion und Lokalisierung der privaten Kunstsammlung des Teppichhändlers Felix Ganz (1869-1944), Inhaber der Firma Ludwig Ganz AG aus Mainz“

 

DZK-gefördertes Forschungsprojekt

Projektleitung: Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra
Projektmitarbeiter: Nathalie Neumann M.A.
Assoziierter Wissenschaftler: Adam Ganz, Royal Holloway University of London

 

Projektbeschreibung

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg fördert ab 1. April 2020 zunächst für ein Jahr eine Provenienzrecherche zur „Rekonstruktion und Lokalisierung der privaten Kunstsammlung des Teppichhändlers Felix Ganz (1869-1944), Inhaber der Firma Ludwig Ganz AG aus Mainz“ unter der Leitung von Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra.

Ausgangspunkt für das Projekt sind einerseits die Recherchen des Urenkels Adam Ganz (London), der das Projekt maßgeblich unterstützt, andererseits schließt das Projekt an die Ergebnisse aus der Provenienzrecherche (2017-2019) im Landesmuseum Mainz an. Dort fanden sich verschiedene Möbelstücke und Kunstgegenstände aus dem Vorbesitz der Familie Felix Ganz. Wir danken Frau Dr. Bettina Leder, die uns großzügig ihre Rechercheunterlagen zur Familie Ganz, die im Zuge ihrer Forschungen für das Ausstellungprojekt „Ausgeplündert und verwaltet - Geschichten vom legalisierten Raub an Juden in Hessen“ (2002-2018) organisiert vom Fritz-Bauer Institut und dem Hessischen Rundfunk entstanden, dem Projekt zur Verfügung stellte.

Ziel des Projektes ist es, die private Kunstsammlung des jüdischen Geschäftsmannes Felix Ganz (1869-1944) zu rekonstruieren. Er übernahm 1890 die väterliche Firma Ludwig Ganz in Mainz, die mit Orient-Teppichen und Textilerzeugnissen für Möbel und Wohndekor handelte, und bis 1933 als Großkonzern für Textilimport und –export expandierte. Felix Ganz pflegte ein weites Netzwerk von Produktionsstätten im Nahen Osten, zu Kunden und Zweigstellen in ganz Deutschland, sowie Kooperationen in England. Verfolgt als Jude wird seine Firma arisiert, seine Villa samt Einrichtung beschlagnahmt. Er und seine zweite Frau Erna werden umgesiedelt, deportiert und ermordet.

Während ein Teil der Wohnungseinrichtung nach Auktionen durch das Finanzamt vom Landesmuseum Mainz gekauft wurde, fehlt von der Kunstsammlung jegliche Spur. Allein die Beschreibung der Tochter Annemarie Kaulla im Wiedergutmachungsantrag von 1949 gibt einen ersten Eindruck von Qualität und Umfang der Kunstsammlung bestehend aus zahlreichen Kunstgegenständen aus dem Nahen und Fernen Osten, und dient als Ausgangsquelle für die Rekonstruktion der Kunstsammlung Felix Ganz zum Zeitpunkt der Arisierung seines Geschäftes 1934. Das Projekt wird maßgeblich von dem Urenkel Adam Ganz (London) unterstützt, der Dokumente aus dem umfangreichen Familienarchiv zur Verfügung stellt. Neben der Rekonstruktion der Sammlung helfen die zahlreichen gesellschaftlichen Engagements von Felix Ganz ihn als eine höchst aktive Persönlichkeit im Stadtleben, regional bestens vernetzte Persönlichkeit mit weltweiten Kontakten darzustellen, und damit einen prägenden Aspekt zur Erinnerungskultur der Stadt Mainz aufzuarbeiten.

Die verschollene Kunstsammlung des Mainzer Kaufmanns Felix Ganz (SWR2)


Felix's Room

Im Rahmen des Projekts zur Rekonstruktion und Lokalisierung der Kunstsammlung von Felix und Erna Ganz möchte wir auf eine digital-hybride Uraufführung in Berlin an der komischen Oper hinweisen, die von einer Jury aus über 300 internationalen Bewerbungen ausgewählt wurde.

Tauchen Sie mithilfe projizierter holografischer Effekte in das Leben von Felix Ganz ein, der 1942 mit seiner Frau Erna in ein sogenanntes Judenhaus gesperrt wurde und nur durch Briefe mit der Außenwelt verbunden war. "Felix’s Room" ist Gefängnis und zugleich Gedächtnispalast, den das Paar mithilfe von Musik und Bild mit den Geistern vergangener Partys und Reisen in weit entfernte Länder füllt. In Zusammenarbeit mit ScanLAB Projects (London) unter der Leitung des Architekten und Regisseurs Matt Shaw fügt der Autor und Regisseur Adam Ganz die Geschichte seines Urgroßvaters Felix anhand überlieferter Briefe zusammen. Mittels 3D Scan- und Projektionstechnologie wird an diesem installativ-musikalischen Abend das Zimmer und die Geschichte von Felix und Erna erlebbar.

Für weitere Informationen: https://www.berliner-ensemble.de/inszenierung/felixs-room

Felix's Room

 

Publikationen

Nathalie Neumann, Adam Ganz: "The Reconstruction of the Art Collection of Felix Ganz (1869-1944)", in: Journal for Art Market Studies, 4(2), 2020. https://doi.org/10.23690/jams.v4i2.111 (PDF)

Adam Ganz: "Felix Ganz, Teppichhändler, Kunstliebhaber und MAV-Mitglied", in: Eine Zeitreise in 175 Geschichten: Der Mainzer Altertumsverein 1844–2019, hrsg. von Wolfgang Dobras. Mainzer Zeitschrift, Mittelrheinisches Jahrbuch für Archäologie, Kunst und Geschichte. Jahrgang 114, 2019, S. 186-187. (PDF)

Bettina Leder, Christoph Schneider, Katharina Stengel: „Ausgeplündert und verwaltet - Geschichten vom legalisierten Raub an Juden in Hessen“ Leipzig 2018.

 

Pressespiegel

Die verschollene Kunstsammlung des Mainzer Kaufmanns Felix Ganz, SWR2, 27.1.2022
(Sendung am Mo., 7.2.2022 15:05 Uhr, SWR2 Leben)
Zum Beitrag


Suche nach Raubkunst mit der Nummer 88/580. Kunsthistorikerin rekonstruiert für die Uni Mainz die Sammlung des ermordeten jüdischen Kaufmanns Felix Ganz / Am Mittwoch Online-Konferenz, Allgemeine Zeitung Mainz, 30.11.2020


NS-Raubkunst: Die verschwundene Sammlung der Familie Ganz aus Mainz, SWR2, 13.01.2020