Das Parterre dâEau von Versailles zu Zeiten Ludwigs XIV
Dr. des Pablo Schneider, Berlin
Mittwoch, den 10. Juni 2009, 18.15 Uhr
Hörsaal des Instituts für Kunstgeschichte (Binger Str. 26)
Einführung
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts verfaßte der französische Maler Claude Nivelon die Lebensbeschreibung des überaus einflußreichen Hofmalers Ludwigs XIV. Charles Le Brun. In dieser findet sich ein Vorhaben des premier peintre du roy mit bemerkenswerten Worten beschrieben, Nivelon: "Ce parterre est une représentation de tout la masse ou construction universelle." Eine Charakterisierung die für die Hofkunst des 17. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich erscheint. Gerieten die weltlichen oder geistlichen Ausstattungsprogramme doch selten wenig umfangreich und so war es auch im Falle Le Bruns. Er entwarf in 1670er Jahren für Versailles ein Ensemble von fünf Wasserbecken. Dieses sollte mit 28 Skulpturen, einem Globus und einem Parnaß ausgerüstet werden und hätte sich auf einer Gesamtfläche von 80x100m erstreckt. Dergestalt bereits nicht klein geraten, wären aber auch die Figuren der Gartenseiten des mittleren Baukörpers des Versailler Schlosses integriert worden. So erscheinen die Worte Nivelons bereits durch die Aufstellung bestätigt. Doch berechtigt allein die reine Größe von einer construction universelle zu sprechen?
Die Anlage des Parterre dâEau von Versailles entstand im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts. Doch wurde es nie vollendet und die Arbeiten hieran 1683 endgültig abgebrochen. Dieses aus dem sich ändernden Machtgefüge um Ludwig XIV. heraus zu deuten, erscheint zunächst nachvollziehbar, verkennt aber die thematische Ausrichtung des Vorhabens völlig. Denn das was Nivelon knapp beschrieb, stellte nicht weniger als eine Art Welt- und Kosmosmodell vor. Es war nicht nur auf den französischen König ausgerichtet, sondern integrierte diesen auf verschiedene Arten. Auf diesem Weg wurde versucht künstlerische und wissenschaftliche Deutungsansätze zu verbinden, um sie mit einer ikonisch bestimmten Repräsentation zu harmonisieren. Ein Gedanke, der scheiterte und doch gerade hierin von der Weitsicht der beteiligten Personen um Ludwig XIV. berichtet.
Wissenschaftlicher Werdegang
Pablo Schneider: Studium der Kunstgeschichte und Geschichte in Hamburg. Anschließend tätig als Kurator der graphischen Sammlung der Evang. Akademie Nordelbien. Promotion 2007 mit einer Arbeit über die Verbindungen von Kunst, Repräsentation und Wissenschaft in Versailles zu Zeiten Ludwigs XIV. Seit 2001 an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Seit 2008 Koordinator und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forscherkollegs Bildakt und Verkörperung. Das aktuelle Forschungsvorhaben Gestik, Gebärde und Pathosformeln befaßt sich mit der Bedeutung dieser Trias für die Repräsentationsvorstellungen der Frühen Neuzeit.
Ausgewählte Literatur
Friedman, Ann: The "Grande Commande" for the sculpture of the Parterre dŽEau at Versailles. 1672-1683. Bryn Mawr 1983; Weber, Gerold: Brunnen und Wasserkünste in Frankreich im Zeitalter Louis XIV. Worms 1985; Lablaude, Pierre-André: Die Gärten von Versailles. Worms 1995